Sechsundneunzig Minuten (April 2002)


 
 
 
Montag, der 1. April 2002 und kein Aprilscherz. Mein erster Start von der Ostseite des Tegelbergs, von da, wo es vor einem halben Jahr noch eine Rampe, die berüchtigte "Ostrampe" gab.
Immer wieder hatte ich vor, von hier zu starten, diesen Tag war es soweit! Natürlich hatte ich auch immer gehörigen Respekt vor dieser Startstrecke. Aber - es ging total problemlos. Nach wenigen Schritten war ich draussen.
Zu Astrid hatte ich noch gesagt, es würde wohl eher ein sanftes Abgleiten geben, etwas Kürzeres wohl noch als den Flug zuvor, deshalb zog ich auch nur die dünnen Lederhandschuhe an...

 

  Aber ich sollte mich gewaltig geirrt haben. Sofort nach dem Start konnte ich feststellen, dass ich garnicht an Höhe verlor. Im Gegenteil, die einsetzende Thermik und der stellenweise sehr ausgeprägte Aufwind hielten mich auf Höhe, zogen mich hoch und schon nach kurzer Zeit hatte ich eine Startüberhöhung von fast 200 Metern (und es sollte noch mehr werden...)

 
Besonders an den am Tegelberg aufragenden Felsen konnte ich immer und immer wieder Auftrieb bekommen. Ohne irgendwelche Probleme konnte ich die Strecke zwischen dem Gipfelkreuz (dessen Höhe ich hatte) den Grat entlang bis über Schloss Neuschwanstein und zurück abfliegen, immer und immer wieder.
In aller Ruhe konnte ich mir ansehen, wie das Land hinter dem Tegelberg aussieht.
Auch die Seilbahn von oben zu sehen, sie in einer Höhe zu überfliegen, dass deren Mitfahrer genauso wenig die Chance hatten mein Winken zu sehen, wie ich das ihre hätte sehen können, das ist ein einmaliges Gefühl.
Natürlich wurde es an manchen Stellen recht ruppig, mit über 4 Metern pro Sekunde zog es mich an diesem Tag hoch und an manchen Stellen ging es genauso schnell wieder hinunter...

 

 
  Aber kalt, ach wie kalt ist es dort oben, und "wohlweisslich" hatte ich doch nur die dünnen Handschuhe angezogen...

 
Irgendwann musste ich runter, die Kälte war nicht mehr auszuhalten. Abwechselnd hatte ich mich schon immer wieder auf eine meiner Hände gesetzt, aufwärmen konnte ich sie dadurch aber nicht mehr.
An der Hornburg empfand ich es als etwas wärmer und verbrachte hier noch gute 15 Minuten. Ich war schon so durchkühlt, dass auch die höhere Lufttemperatur nicht ausreichte, mich wieder aufzuwärmen.

 

 
  Eine letzte Runde durch die Luft und dann landen.

 
Tja, hätte ich bei diesem Flug doch nur die Thermohandschuhe angezogen, dann hätte ich viel länger oben bleiben können. Doofer Konjunktiv...
Ein genialer Flug, eine Stunde und 36 Minuten war ich in der Luft gewesen, eben 96 Minuten!
Aber geschafft, mein bisher längster Gleitschirmflug.

 
Auch Astrid war froh, dass ich endlich wieder unten war, zu lange hatte sie warten müssen.

 
 

 
  Zum Abschluss des Flugbetriebs gab es dann noch das wohlverdiente "Flugbier", das an diesem Tag besonders schmeckte...

 
 
 

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Ulrich Franzke <sinus@ulrich-franzke.de>