Osterurlaub 2014
Am heutigen 16. April 2014 sind
genau zwei Jahre und vier Tage seit meinem letzten Flug vergangen,
zwei Jahre, in denen sehr viel geschehen ist.
Den letzten Osterurlaub verbrachten wir in Krankenhäusern,
denn unser drittes
Kind, Johannes Aaron Joseph, entschied sich, zehn Wochen zu früh auf die
Welt zu kommen.
Und so stand ich nun, nach zweijähriger Flugabstinenz, oben auf dem
Tegelberg und beobachtete den Wind, der immer wechselhafter und stärker
wurde; mal kam er aus nördlicher, mal aus östlicher und sogar
manchmal aus südlicher Richtung - es würden also sportliche
Startbedingungen werden.
Ich entschied mich für einen Oststart und legte, nachdem
die drei Flieger vor mir gestartet waren, den Schirm aus.
Mit dem Fliegen ist es wie mit
dem Fahrradfahren, man verlernt es nicht so schnell. Mit wenigen Schritten
war ich in der Luft und mein Flug begann.
Vor meinem Start hatte ich mir noch überlegt, ob ich wohl Angst haben
würde, nach der langen Pause, dem war aber nicht so. Beim Einhängen
der Tragegurte des Schirms in das Gurtzeug musste ich etwas nachdenken:
Welche Schlaufen waren nun eigentlich für das Motor- und welche für
das Bergfliegen? Auch das Aufnehmen der Leinen war mit einer leichten
Verwirrung verbunden, beim Motorfliegen werden die Leinen eben anders in die
Hände genommen als beim Bergfliegen. Das waren aber auch schon alle meine
Probleme.
Nach dem Start merkte ich, dass der Wind wohl doch hauptsächlich aus
südöstlicher Richtung kam, es war wie Fliegen im Lee; direkt
nach dem Start ging es mit extremer Geschwindigkeit nach unten.
Kurz zuvor meinte
Manfred
noch, dass ich mit einem Sinken von bis zu acht Meter
pro Sekunde rechnen könne - er schien recht gehabt zu haben.
Ich sah mich schon aufsetzen und einen Teil der Strecke rennen, aber ich
schaffte es dennoch über alle Baumwipfel mit noch brauchbarem
Sicherheitsabstand.
Obwohl es recht turbulent und ruppig in der Luft war und nur wenige Photos
so wurden, dass sie für einen Flugbericht nicht leicht gedreht werden
müssen, es war wunderbar endlich mal wieder zu fliegen! Und obwohl es
mich manchmal doch recht ordentlich beutelte, ich genoss meinen Flug.
Besonders bedanken muss ich mich mal wieder bei den netten Damen des DULV, des
Deutschen Ultraleichtflugverbandes. Mir ist es natürlich
völlig unerklärlich, wie ich schon wieder meine
Versicherungsbescheinigung für den Gleitschirm auf meinem Schreibtisch
habe liegenlassen können; die netten Damen faxten mir nach einem Anruf
sofort das entsprechende Dokument zu, so dass ich bei der Kontrolle in der
Berggondel nicht zum Aussteigen bewegt werden musste. Vielen Dank, liebe
DULVler, für diese großartige Hilfe!
Mit den Versicherungsbescheinigungen ist es irgendwie ähnlich wie mit
Akkus, man weiß, dass man sie demnächst braucht, und dennoch gibt
es damit Probleme. Die Akkus der diversen Geräte waren dafür
dieses Mal geladen.
Den Forgensee (links im Bild) haben wir noch nie so leer gesehen wie in
diesem Jahr, fast das ganze Wasser wurde abgelassen. Manfred meinte, er
wäre dieses Jahr beinahe zwanzig Meter unter seinem Sommerfüllstand
gewesen. Einen richtigen Winter hat es übrigens auch am Alpenrand dieses
Jahr nicht gegeben, im letzten November hat es noch etwas geschneit,
dann aber gab es
ein paar Tage Fön und danach keinen richtigen Schnee mehr. Meine Bedenken,
ob der See dann dieses Jahr noch wieder voll werden könnte, konnte
Manfred nicht teilen, nach seiner Meinung würde es nur wenige Tage
brauchen, bis der See wieder voll wäre.
Die Osterzeit in Bayern ist immer etwas besonderes, wir freuen uns schon lange
auf unsere Karfreitagsprozession auf den Roßhauptener
Kalvarienberg und wir
freuen uns auf die Osternacht in der Roßhauptener Dorfkirche.
Während des ganzen Fluges gab es nur eine ruhige Stelle, das war der
Ort, an dem das nebenstehende Photo entstand. Hier war ein ruhiges Fliegen
möglich. Ich hatte befürchtet, dass ich nach der langen Flugabstinenz
mit unruhigen Flügen Probleme haben würde, das erwies sich aber als
genauso haltlos wie meine Überlegung im Auto bei der Anfahrt an den Berg,
dass ich den ersten Flug nach so einer langen Pause auf keinen Fall
über den anspruchsvolleren Oststartplatz starten wollte.
Der Schirm flog total brav und gut durch die sehr stark bewegte Luft.
Kurz vor der Hornburg hatte ich, genauso wie zuvor schon an der
Rohrkopfhütte, leichtes Steigen. Das Variometer hat bei diesem Flug als
Maximalwerte zwei Meter Steigen und sechs Meter Fallen pro Sekunde
festgehalten.
Im Anflug auf die Talstation der Tegelbergbahn merkte ich, mit welcher
Geschwindigkeit der Wind blies: Ich kam mit einer enormen Geschwindigkeit
vorwärts. Das GPS hat als Maximalgeschwindigkeit etwas über
70 km/h festgehalten, damit hatte ich einen Wind (hier als
Rückenwind) von ca. 35 km/h; das erklärt dann auch, warum ich
beim Rückflug zum Landeplatz teilweise rückwärts flog.
Bei so einem schönen Rückenwind und bei der noch ausreichenden
Höhe wollte ich dann doch noch nach den Königsschlössern sehen.
Ich entschied mich also dafür, im Extremfall nicht mehr zur Landewiese
zurückkommen zu können, sondern eine Aussenlandung vornehmen
zu müssen.
Wunderschön lagen die Schlösser, wie in dem nebenstehenden
Bild zu sehen ist, unter den tief hängenden, dunklen
Wolken. Diese tiefen Wolken erklärten auch, warum der Wind so heftig
blies: da die Wolken so tief hingen, war für den Wind zu wenig Raum sich
zu entfalten, er musste sich also in der Enge unter den Wolken durch
drücken. Und wenn viel Luft durch einen engen Raum hindurch will, dann
wird es eben windig.
Nach einigen Photos der Königsschlösser drehte ich um und flog
die Landewiese an. Ich hatte irgendwie das Gefühl, es doch noch
bis zu der Wiese schaffen zu können. Und das, obwohl ich an einigen
Stellen überhaupt nicht mehr vorwärts kam. Im Gegenteil, an
manchen Stellen flog ich rückwärts. Oder ich stand auf der Stelle
und es ging, wie in einem Aufzug, nur noch nach unten. Und dabei spürte
ich die ruppige Luft und wurde hin und her geschüttelt. Ich hatte gedacht,
dass es über dem flachen Land ruhiger werden würde und musste mich
nun eines anderen belehren lassen: Es war über dem flachen Land eher
sogar noch unangenehmer, als über den Bergen.
Gerade noch schaffte ich es auf die Landewiese und landete etwa zwanzig Meter
hinter der Straße. Meine Landung war wie mit einem Fahrstuhl, es ging
langsam nach unten. Als aber meine Füße den Boden berührten
und ich die Bremsleinen voll durchzog, bekam ich die Kraft des Windes so
richtig zu spüren: Der Wind blies, trotz voll durchgezogener Bremsleinen
derart in den Schirm, dass es mich mehrere Meter durch den Schlamm zog. Selbst
die drei anderen Flieger, die sofort herbei eilten, um mir zu helfen und den
Schirm zu bändigen, konnten der Kraft des Windes nicht trotzen, es zog
mich weiter durch die Möttke (westfälisch: Matsche, Schlamm, ein
Gemisch aus Wasser und Erde, Sand, Ton o.ä. siehe
wiktionary.org). Vielen Dank an dieser Stelle an die drei Helfer!
Und auch das Zusammenlegen des Schirmes war eine Herausforderung, es dauerte
eine ordentliche Zeit, bis ich den Schirm endlich eingepackt hatte.
Nach mir war keiner mehr gestartet, auch Manfred nahm lieber die Gondel nach
unten. Dennoch war es ein total schöner Flug, den ich jederzeit unter
den gleichen Bedingungen wieder machen würde!
Johannes Aaron Joseph kam am 11. März 2013 auf die Welt, zehn Wochen zu
früh, sein berechnetes Geburtsdatum war der 18. Mai des letzten Jahres.
Bei der Geburt hatte er ein Gewicht von 1750 Gramm, nach der Geburt fiel es
auf 1500 Gramm. Der Kleine verbrachte seine erste Woche auf dieser Welt in
einem Brutkasten, konnte aber jeden Tag mit den Eltern "känguruhen" (dieses
Wort ist tatsächlich so zu finden!). Inzwischen wiegt unser Männchen
fast zehn Kilo und ist munter und gesund. Ein Überwachungsmonitor ist
inzwischen nur noch des Nachts nötig und wird demnächst ganz
abgeschafft werden.