Starkwind am Tegelberg


Der Donnerstag, der 13. April  2006, sollte nach Wetterbericht wegen Regen und Wind garnicht fliegbar sein, dennoch war ich um halb eins oben am Startplatz. Eine etwa 80cm breite Startpiste mit bis zu 80cm hohen Schneeseitenwänden und einer Länge von knapp 10 Metern erwartete mich am Startplatz. Der Wind wechselte von West nach Süd und hatte schon längst nicht mehr die unten an der Talstation angekündigte Geschwindigkeit von 10 bis 15 km/h.

Als der Wind endlich auf Nordwest drehte, machte ich meinen ersten Startversuch. Der Schirm kam gut über mich, dann wechselte der Wind wieder auf West und damit änderte auch der Schirm seine Richtung. Wegen der viel zu schmalen Startbahn war an ein Unterlaufen des Schirmes nicht zu denken und so zog mich der Wind mit dem Schirm mehrere Meter durch den Tiefschnee. Ein Zuschauer kam helfend angerannt und bändigte erfolgreich eine Schirmseite, während ich mit der anderen kämpfte. Vielen Dank.

Nachdem ich mühsam zum Startplatz zurückgekrabbelt war und die Kammern des Schirmes entleert und somit von etlichen Kilos Schnee befreit hatte, machte ich meinen zweiten Startversuch. Diesmal kam der Schirm nur rechtsseitig hoch, weil die Seile der linken Seite sich im Schnee verfangen hatten.

Inzwischen war, trotz des schlechten Wetters, eine Gruppe von über 20 Kindern am Startplatz erschienen, die meinen Startversuchen interessiert zuschaute.

Mit dem vierten Anlauf schaffte ich es endlich in die Luft, einen weiteren Versuch hätte ich wahrscheinlich nicht mehr unternommen. Ersteinmal in der Luft störte der starke Wind überhaupt nicht mehr. Im Gegenteil, nach dem Start war es in der Luft sogar relativ ruhig.

Zwar zog es mich nach dem Start sofort nach oben, es wäre ein Tag zum langen Fliegen gewesen, ich war inzwischen aber schon so durchgefroren und auch das Wetter mahnte: ich wollte nur noch einen kurzen Flug haben.

Einmal den Grat entlang zu den Königsschlössern, dann wollte ich landen. 

Wegen des starken Windes hatte ich entgegen meiner normalen Gewohnheiten die Leinen des Beschleunigersystems eingehängt, um im Extremfall noch etwa fünf Stundenkilometer mehr zu haben, genutzt habe ich den Beschleuniger aber nicht.

Die Flugschüler am Fuße des Tegelberges, deren Schirme hier aussehen wie tote Falter und Motten, packten dank des starken Windes ihre Schirme ein. Aus meiner Zeit als Schüler weiß ich genau, wie frustrierend so ein Tag sein kann, besonders wenn dann trotzdem noch jemand in der Luft ist.

Da sich meine Finger wegen der Kälte immer weniger bewegen ließen, zog ich die äußeren A-Leinen durch, legte also die Ohren an, um die sehr geringe Sinkgeschwindigkeit zu erhöhen.

Ein letzter Blick auf die Königsschlösser, dann steuerte ich den Landeplatz an. Auch unten an der Landewiese hatte der Wind inzwischen deutlich zugenommen.

Gut konnte ich nach fast vierzig Flugminuten wieder landen. Das Einpacken der Flugausrüstung dauerte mit eiskalten und steifen Fingern recht lange.

Meine Mädchen freuten sich, nach ihrem Mittagsschlaf einen zufriedenen Papi mit der durch den Helm erzeugten Flugfriesur vorzufinden, der nun auch viel Zeit für sie hatte. Und ich freute mich, dass ich als einziger Flieger die wohl einzige Minute zum Starten am Tegelberg an diesem Tag genutzt hatte. Schon ein paar Stunden später war aus dem Starkwind ein noch viel stärkerer geworden.

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Ulrich Franzke <sinus@ulrich-franzke.de>