Für den 20. März 2021 hatte ich mir den Wecker auf eine für Samstag recht frühe Zeit gestellt. Die Wetterprognose sagte für diesen
Tag sehr gutes Flugwetter voraus, ich wollte so früh wie möglich in der Luft sein, um nicht so viel Thermik abzubekommen. Und tatsächlich konnte ich kurz nach neun Uhr starten. Ich hatte mir mehrere Pläne zurecht gelegt und mehrere Flugrouten vorbereitet. Eine endgültige Entscheidung wollte ich erst in der Luft treffen, wenn ich wusste, wie kalt und windig es sein würde. Kalt war es sehr, das Thermometer im Auto zeigte 0°C an. In der Luft auf meiner Flughöhe war es mindestens noch fünf Grad darunter, wahrscheinlich sogar kälter.
Meine erste geplante Flugroute ging in südöstliche Richtung. Im nebenstehenden Bild ist Olfen zu sehen. In der unteren Bildmitte ist die St.-Vitus-Kirche und darüber der stillgelegte alte Kanal, die „Alte Fahrt“ abgelichtet.
Bis zum Kraftwerk Lünen verfolgte ich meinen ersten Flugplan, dann verwarf ich ihn. Ruhigstes Wetter mit kilometerweiter Sicht sagten mir, dass ich meinen
zweiten Plan verwirklichen und nach Bochum fliegen sollte. Natürlich überlegte ich, ob ich das bei den Temperaturen tatsächlich wagen könnte, ich würde
trotz meiner dicken Winterkleidung ordentlich frieren. Auf der anderen Seite war die Verlockung natürlich zu groß, wieder über Bochum fliegen zu können.
Verschiedenste Überlegungen musste ich anstellen - Bochum gewann!
In Castrop Rauxel flog ich über den Erin-Park, einen Naherholungs-, Gewerbe- und Industriepark, ein Denkmal der Industriekultur. Ich liebe solche Anlagen.
Dann war ich über Bochum und über unserer Wohngegend. Sehr schön ist auf der rechten Bildseite der Deckel über der A40 zu sehen.
Als grüne Wiese
mit Spielplatz präsentiert sich dieser Deckel. Man muss schon zweimal hinsehen, um auch den Eingang und den Ausgang der Autobahn zu entdecken.
Ich erinnere mich noch gut an einen Tag, als der Deckel noch nicht war und ich an einem Geländer stand und auf die Autobahn gucken konnte, die damals noch die A430 war. Ist das nun 30 Jahre her? Oder 35 Jahre? Oder noch länger?
Das Exzenterhaus auf dem alten Bunker prägt inzwischen das Stadtbild und ist von vielen Stellen aus sichtbar. Trotz mancher baulichen Entgleisung ist
Bochum eine schöne Stadt.
Das Bochumer Bergbaumuseum ist umgebaut worden. Dass wir das letzte mal dort zu Besuch waren, ist nun auch schon über ein Jahr her - coronabedingt.
Es ist das Lieblingsmuseum meines Sohnes Johannes.
Wir hatten die Jahreskarte und waren sehr oft da, für Johannes war es ein mittlerer Weltuntergang, als wir nach einem Jahr Bergbaumuseumsbesuchen die Jahreskarte erstmal nicht verlängern wollten. Inzwischen könnte man darüber mal wieder nachdenken...
Die Bochumer Innenstadt hatte ich erreicht. Im Bild links der Bochumer Hauptbahnhof und ganz rechts unten die Propsteikirche St.-Peter-und-Paul.
Der Bochum-Kenner findet auf dem Photo noch viel mehr: Zu sehen ist auch
das Bochumer Schauspielhaus, das neue Musikforum mit der umgebauten und
profanierten St.-Marien-Kirche, der Neubau des Viktoria-Karree (wo früher
das Landgericht war), die evangelische Pauluskirche, das Gelände des
ehemaligen Katholiken(tags)bahnhofs, das Bochumer Bermudadreieck, die Fußgängerzone Kortumstraße, ...
Natürlich wollte ich von der Propsteikirche weitere Photos haben und flog darüber.
Die Sicht war weiterhin wunderbar, erst hier über Bochum erwischten mich die ersten thermischen Blubber und ich war auch noch nicht durchgefroren, also entschloss ich mich zum Weiterflug Richtung Wattenscheid.
Wattenscheid ist die Stadt (oder inzwischen der Bochumer Stadtteil), in der ich seit meiner Weihe zum Diakon tätig bin, natürlich im Zivilberuf, also quasi ehrenamtlich.
Bei einem Motorausfall kann man von der Bochumer Innenstadt noch gut Notlandewiesen erreichen. Sollte auf der Strecke von Bochum nach Wattenscheid etwas passieren, dann kann man nur noch auf der Autobahn notlanden. Der Motor meiner kleinen Uli Rebell läuft zuverlässig und gut, ich hatte keine Bedenken und flog weiter.
Und ich kam an in Wattenscheid, völlig problemlos. Von der Bochumer Propsteikirche zur Wattenscheider Propstei sind es etwas mehr als sechs Kilometer. Ab der Wattenscheider Innenstadt kann man auch wieder Notlandewiesen finden, die sechs Kilometer dazwischen sind kritisch. Nicht so mit der Uli Rebell. Mit der alten C22, die ich früher geflogen bin, hätte ich für diese kurze Strecke mehr Magendrücken gehabt...
Im Bild unten die katholische St.-Joseph-Kirche und in der oberen Bildmitte etwas links die Pestalozzi Realschule, an der meine Frau Astrid derzeit als
Musik-Lehrerin arbeitet.
Das war mein Ziel und der Punkt, an dem ich den Rückflug antreten wollte:
Die Wattenscheider Propstei, die St.-Gertrudis-Kirche. Wunderschön liegt sie da in der Vormittagssonne.
Seit meiner Weihe zum Diakon 2015 durfte ich
inzwischen 104 mal die Taufe spenden, davon waren 80 Taufen in dieser
Propsteikirche.
In der Bildecke unten rechts ist die evangelische Kirche zu sehen, in der ich im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes einmal eine Predigt halten durfte. Danach kam die Pfarrerin auf mich zu, legte mir den Arm um die Schulter und sagte: „Vielen Dank, Herr Diakon, für diese schöne Predigt. Ich hatte schon wieder mit der üblichen seicht-katholischen Zuckerwatte gerechnet...“
Schöne und wertvolle Erinnerungen kamen auf!
Schon auf meinem Hinflug nach Wattenscheid hatte ich vom Autobahndreieck
Bochum-West, der Ausfahrt Wattenscheid, Photos gemacht. Das sieht schon
interessant aus. Horizontal durch das Bild verläuft die Autobahn
A40.
Es lohnt sich, in eine Suchmaschine mal die Worte „Aussichtsplattform Dreieck Bochum“ oder ähnliches einzugeben, es kommen Ergebnisse wie etwa: „Bochum hat Deutschlands unnötigste Aussichtsplattform“. Ich mag diese Aussichtsplattform, die mit viel Suchen auf dem nebenstehenden Photo in der linken Bildmitte zu finden ist. Ich war schon mehrfach da und denke, dass nun auch noch in eine Sitzbank investiert werden dürfte...
Die Jahrhunderthalle und den Westpark überflog ich als nächstes.
Wie viele Bilder dürfen eigentlich in so einem Flugbericht sein? Auf meinem Flug an diesem Tag machte ich 436 Photos, über die Hälfte davon ist von der Qualität so gut, dass man sie für einen Internetbericht benutzen darf. Eine erste Vorauswahl brachte 75 Bilder, bei denen ich mich dann sehr schwer tat, auch nur eines zu verwerfen. Aber wie viele Bilder dürfen in so einen Flugbericht? Für diesen Bericht habe ich mich für 16 Photos entschieden. Das sind schon eine ganze Menge.
Der Rückweg führte mich wieder über die Bochumer Propsteikirche.
An dem Bochumer Funkturm radele ich jeden Arbeitstag auf meinem Weg zur Arbeit vorbei. Schon seit meinem letzten Bochumflug denke ich mir dabei nun jedes Mal
lächelnd, wenn ich ihn sehe: „Über dich bin ich letztens auch geflogen!“
Welche Gedanken werde ich am Montag auf meinem Weg zur Arbeit und danach auf dem Nachhauseweg haben?
Nahe des Tippelsberges steht die Fernwärmeanlage, die mich vor vielen Jahren schon zum Photographieren anregte. Schillernd bunt liegt sie eben da.
Einige Kilometer hatte ich nun noch vor mir, aber die Kälte spürte ich noch nicht.
Die St.-Lambertus-Kirche in Henrichenburg photographierte ich noch. Da merkte
ich dann meine eiskalten Finger und Fußzehen. Und bis zum Landeplatz sind es von hier noch mindestens 20 Minuten. Ab hier merkte ich die Kälte.
Nach einer Flugzeit von einer Stunde und 55 Minuten, nach also 115 Minuten in der kalten Luft landete ich wieder auf dem Flugplatz EDLB Borkenberge. Es war ein genialer Flug. Und es dauerte fast eine Stunde, bis ich in den Fußzehen wieder Gefühl hatte; abgefroren sind sie nicht, der Flug und das frühe Aufstehen haben sich gelohnt.
Und wieder ist die Uli Rebell die Strecke ganz problemlos geflogen, mit einem
schön vor sich hin schnurrendem kleinen 30PS-Motor.