Hegenscheid


 
Fliegen am Flugplatz Hegenscheid im Sauerland, ich kannte die Gegend schon vorher und war sehr angetan, als ich dort einen Flugplatz fand. "Nur für Mitglieder" hieß es am Telephon. Na, dann muss man halt Mitglied werden und sein Flugzeug (den Motor und den Schirm) dort stationieren.
Dass dann auch noch die anderen Pflichten des Vereinslebens auf einen zukommen, wie etwa Rasen mähen oder Turm fegen, hatte ich erstmal verdraengt.
Die erste halbe Stunde kehren durfte ich jedoch auch schon "ableisten"...
Am 8. Juni 2002 starteten Andreas und ich zu einem kleinen Rundflug über das Sauerland. Richtung Sorpe sollte es gehen.
Der Nachteil am Flugplatz Hegenscheid / Altena ist, dass rundum ausgedehnte Wälder liegen; um das Gelände zu verlassen, muss zuerst diese Waldhürde überwunden werden. Im Falle einer Notlandung ist bei unzureichender Flughöhe ein Zusammentreffen mit einem Baum unumgänglich, quasi vorprogrammiert.

Aber wie hoch muss man hier fliegen, um die richtige Flughöhe zu haben? Ich hoffe, ich werde nie in die Situation kommen, dies herausfinden zu müssen!
Blind vertrauend flog ich hinter Andreas her, die Akkus meines GPS hatten sich noch am Boden verabschiedet. Kein Problem, ich hatte ja die aktuelle ICAO-Karte der Region dabei und mir sowieso die prägnanten Auffangpunkte gemerkt!
Quer durch das Sauerland ging es, und irgendwann musste ich feststellen, dass es hier von oben doch alles ziemlich gleich aussieht.
Immer wieder überflog ich kleine Gehöfte, Ortschaften, Bergkuppen, Felder und Wälder. Und aus Stapelburg wusste ich noch: Auf dem Rückflug sieht es immer anders aus.
Weiter ging es hinter Andreas her Richtung Sorpe. Es war schon im Vorfeld eine Wetterbildung absehbar gewesen, die mich nicht all zu hoch fliegen lassen wollte. So mit 300 bis 400 Metern über Grund fühlte ich mich sicher.
Ein Windrad! Ich hatte mir schon immer vorzustellen versucht, wie es wohl sein würde, ein Windrad zu überfliegen. Nun, jetzt weiss ich es: relativ unspektakulär. Man fliegt halt über ein Windrad.
An dieser Stelle über dem Feld war es dann auch, wo mich die Thermik packte, es ging hoch, mit vier Metern pro Sekunde.
Kein Problem, fliege ich eben über den Wald, hier hört das Steigen auf, über Wäldern findet man seltener Thermik. Also flog ich über den Wald. Inzwischen hatte ich in drei Minuten ca. 400 Höhenmeter gemacht; mir war leicht mulmig zumute...
Aber auch über dem Wald wollte das Steigen nicht aufhören, höher und höher ging es. Kurz vor 1500 Metern über Null, war ich dann endlich aus der Thermik raus.
Das Bild zeigt mein Fliegen im stark beruhigten Bereich, als es endlich wieder runter ging.
Hier hörte ich auf, Andreas zu folgen und trat den Rückflug an. Obwohl mir Andreas bald folgte, war ich etwas stolz auf meinen Orientierungssinn, tatsächlich konnte ich (nach einigen mühevollen Überlegungen und Wiedererkennungsversuchen) den richtigen Kurs zum Landeplatz halten.
Besonders freue ich mich jetzt über dieses Bild, zufällig ist das Variometer (Höhenmesser) mit aufgenommen, 0.9 Meter sinken pro Sekunde bei einer verbliebenen Höhe von immernoch 1118 Metern über Null.
Hurra, es geht runter!
Auf diesem Flug, der etwa 45 Minuten dauerte, habe ich ungefähr einen Liter Benzin verbraucht. Recht wenig, mehr war aber bei solch einer Hammerthermik nicht nötig.
Es war ein genialer Flug, auch wenn mir das Betrachten der Bilder im nachhinein immer noch ein komisches Gefühl in der Magengegend verursacht.
Von den thermischen Bedingungen und den vorherrschenden Winden ist das Sauerland eben doch nicht mit dem Flachland zu vergleichen.
Aber, da bin ich sicher, wir werden uns aneinander gewöhnen, das Sauerland sich an mich und ich mich an das Sauerland!

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Ulrich Franzke <sinus@ulrich-franzke .de>