Kraftwerk Voerde


Luftlinien sind es vom Flugplatz EDLX Wesel zum Kraftwerk Voerde etwa zwölf Kilometer, will man dann noch weiter zum Kraftwerk Walsum, kommen noch mal sechs Kilometer hinzu. Diese Ziele hatte ich mir für den Nachmittag des 13. Oktobers 2020 vorgenommen.

Nach stürmischen und regnerischen Tagen sollte dieser Dienstag gutes und fliegbares Wetter haben. Ein Wind von zehn Kilometern pro Stunde aus südöstlicher Richtung war vorhergesagt, in der Luft waren es dann aber eher zehn Knoten, also fast doppelt soviel. Übrigens sind die „Wolken“ oben rechts auf dem nebenstehenden Bild Dampfschwaden, die genau bis zu dem in der Mitte des Bildes aufsteigenden Dampf des Kühlturms des Kraftwerkes Walsum zurückverfolgbar sind.

In der Planungsphase des Weseler Flugplatzes vor vielen Jahren hatte wohl noch kein Mensch daran gedacht, dass es einmal Flugzeuge mit einem Gesamtgewicht (inkl. vollem Tank, Piloten, Photoapparat, Flughelm und dicker Winterjacke) von unter 250 kg geben würde, die dann noch mit einem höchstens 30 PS starken Motor in die Luft gebracht werden würden, also Flugzeuge mit geringeren Steigwerten und größerer Windempfindlichkeit. Und mit solchen Flugzeugen ist der Start in östliche Richtung und dann das Fliegen und Steigen in geringer Höhe über die Stadt nicht sorgenfrei zu bewältigen.

Und meine kleine Uli Rebell ist so ein Leicht-Flugzeug, das mit dem kleinen Motor nur geringe Steigwerte erreicht. Deshalb nutzte ich die volle Länge des Platzes, um kurz nach Beginn der 400 Meter langen Piste schon abheben und am Ende der Bahn abdrehen und damit den Überflug über die Stadt vermeiden zu können.

Wenn man so gestartet ist, kann man in aller Ruhe über dem Auesee oder über anderen freien Flächen, wo man niemanden gefährdet, Höhe aufbauen. Und dann, wenn genug Sicherheitshöhe da ist, dann kann man auch problemlos über Wesel oder andere Orte fliegen. Und genau das tat ich.

Ab einer Höhe von über 500 Metern fühle ich mich nun auch sicher genug, um Photos machen zu können.

Das Fliegen mit so einem kleinen 120 kg Flugzeug ist etwas ganz besonderes. Mir wurde immer gesagt, dass das Starten und Landen mit einem Spornrad-Flieger anspruchsvoll sein soll, über das Fliegen mit einem Leichtflieger selber ist selten ein Wort gefallen. Nun zeigt es sich aber, dass das Starten und Landen recht einfach, das Fliegen aber, besonders bei windigen Bedingungen, doch sehr fordernd ist. Noch empfinde ich es so, als sei ein ganz aktives Fliegen gefordert. Aber wir kennen uns ja auch noch nicht so lange, die Uli Rebell und ich.

Was ich aber jetzt schon sagen kann ist, dass das Fliegen mit einem so kleinen Flugzeug auch etwas ganz besonders Schönes ist!
Viel lieber als über bebauten Gebieten fliege ich über grünem und freiem Gelände. Das hat sicher noch mit meinen Erfahrungen mit der C22 zu tun, mit der ich mehrmals Probleme in der Luft und sogar eine dokumentierte Notlandung hatte. Das Ausschauen nach Notlandeplätzen und das Einhalten von Sicherheitshöhen ist mir spätestens mit der C22 in Fleisch und Blut übergegangen.

Die Uli Rebell fliegt brav und gutmütig, bisher kann ich absolut nichts Negatives berichten. Und das Fliegen mit der Uli Rebell ist eine große Freude.

Für die zwölf Kilometer zum Kraftwerk Voerde brauchte ich mehr als 25 Minuten. Wenn so ein kleines Flugzeug mit 3300 Umdrehungen pro Minute geflogen wird, dann fliegt es eben auch nur um die 85 km/h. Und wenn dann ein Gegenwind herrscht, wird das Flugzeug über Grund eben noch langsamer. Dafür war der Benzinverbrauch aber auch großartig, für über eine Stunde Fliegen brauchte ich unter fünf Litern Benzin.

Das Kraftwerk Voerde ist inzwischen stillgelegt. Es steht als rostende Ruine der Industriekultur am Ufer des Rheins. Dass das Kraftwerk nicht mehr in Betrieb ist, wußte ich nicht. Bei meiner Anfahrt zum Flugplatz hatte ich einen Kühlturm in Betrieb gesehen und gedacht, dass dieser zum Kraftwerk Voerde gehören würde. Falsch gedacht, das war der Kühlturm des noch in Betrieb befindlichen Kraftwerks Duisburg-Walsum, das nur sechs Kilometer entfernt ist und das ich, wie ich es geplant hatte, nun auch noch ablichten wollte.

Links im Bild der Schornstein des Kraftwerks Walsum zeigt, dass der Wind etwas stärker wehte. Der Rauch liegt fast waagerecht in der Luft. Das Fliegen mit der Uli Rebell bei etwas stärkeren Wind ist kein Problem, solange man mit oder gegen den Wind fliegt. Gewöhnungsbedürftig für mich ist das Fliegen mit stärkerem Seitenwind, zum Beispiel beim Fliegen einer Kurve, wenn plötzlich der spürbare Wind des Propellers von vorne durch Seitenwind abgelöst wird. Dann bekommt auch das kleine Flugzeug den Seitenwind zu spüren. Da der Schwerpunkt des Flugzeugs unter dem Flügel liegt und das Gerät insgesamt so leicht ist, wird dann der Hintern weggedrückt. Das Flugzeug verhält sich dann eben wie eine Windfahne oder ein Wetterhahn.

Ich habe mir in solchen Momenten durch eine Erhöhung der Geschwindigkeit von den gerne geflogenen 85 km/h um mindestens 20 km/h auf 105 bis 110 km/h geholfen. Mit einer Erhöhung der Geschwindigkeit lässt der Seitenwindeffekt deutlich nach und das Flugzeug verlässt den Slip-Modus (Seitengleitflug) recht schnell.
Anfangs war das Fliegen von Kurven bei Seitenwind mit der Uli Rebell für mich noch sehr fremd, mitten in der Kurve springt die Kugel der Libelle plötzlich auf Anschlag in die Gegenrichtung der gewünschten Flugrichtung. Das bekannte „kick the ball“, das Treten ins Seitenruder in Richtung der ausschlagenden Libelle führt ja dann dazu, dass man die Kurve nie fliegen kann, weil dadurch das Flugzug ja jedesmal wieder in die alten Flugrichtungen gebracht wird.

Wenn die Kugel der Libelle also im Kurvenflug auf Anschlag steht, gebe ich inzwischen Vollgas, gehe bei ausreichender Höhe etwas in den Sinkflug, erhöhe dadurch meine Geschwindigkeit und fliege, ohne auf die Libelle zu schauen, einfach meine Kurve weiter. Das hilft und nach kurzen Augenblicken steht auch die Kugel wieder richtig.

Peter warnte mich davor, in solchen Momenten all zu sehr auf die Libelle zu achten und das Flugzeug durch Treten in die Ausschlagsrichtung zu gefährden, Peter sagt immer, dass nur das Horizontbild ausschlaggebend sei (und verhängte mir bei einem Übungsflug einmal alle Instrumente, denn es ist wichtig, auch ohne irgendwelche Instrumente sicher fliegen und landen zu können). Meine Strategie wäre, so meint auch Peter, genau die Richtige (zumindest für den Uli-Rebell-Anfänger).
Der Hinflug zu den Kraftwerken kostete etwas über eine halbe Stunde, in weniger als 15 Minuten war ich wieder über Wesel.

Ganz oben links im Bild, auf dem ich gerade in nördlicher Richtung fliege, ist als grüne Fläche (von links nach rechts waagerecht) der Flugplatz und die Piste EDLX zu sehen. Ein Start nach Osten (also nach rechts) führt, wie auf dem Bild sehr gut zu sehen ist, direkt über die Stadt. Kurz vor Ende der Piste ist aber linker Hand (im Bild nach oben gehend) eine ausgedehnte Grünfläche zu sehen und dann direkt dahinter (ganz links oben im Bild) der Auesee. Sicherer starten als über diese Flächen ist kaum möglich. Das nervt dann auch die Anwohner viel weniger.

In ausreichender Höhe überflog ich Wesel, um die Platzrunde nördlich des Platzes zu erreichen und in den Gegenanflug gehen zu können.

Zwei Kameras hatte ich am Flugzeug montiert, die eine hatte ich nicht richtig auf Aufnahme gestellt, die andere hat alle Aufnahmen verwackelt. Und an meinem Olympus-Photoapaprat hatte ich beim Drücken der Videoaufnahme- aus Versehen die Zweifachzoomtaste gedrückt. Auf viele Filmaufnahmen hatte ich gehofft, geworden sind es aber zu wenig brauchbare, wie ich nach meiner Landung feststellte. Also legte ich noch zwei ausgedehnte Platzrunden nach, um wenigstens brauchbare Start- und Landevideos zu haben.

Bei meinem dritten Flug an diesem Tag musste ich das Querruder ein paar mal sehr ausgiebig benutzen, so böig war es geworden. Auch einige Regentropfen bekam das Flugzeug ab, ich blieb aber trocken hinter der Scheibe.

Ein schöner Flugnachmittag war es gewesen. Über eine Stunde war ich in der Luft und habe die Uli Rebell weiter kennengelernt - ein großartiges Flugzeug!

Es ist sehr wertvoll, liebe Menschen zu kennen, die einem wertvolle Tipps für das Fliegen mit der Uli Rebell geben können. Über die Tipps von Peter habe ich schon geschrieben, der Uli-Rebell-Vielflieger Ralph, der den Platz EDLX auch kennt, riet mir eindringlich vom Überfliegen der Stadt beim Starten ab und verwies auf die Flächen nördlich der Startbahn 08. Vielen Dank, lieber Peter und lieber Ralph, für die guten und sehr hilfreichen Hilfestellungen und Ratschläge, die ich sehr gerne annehme!

Zum Glück hatte ich den Zündschlüssel abgezogen, als sich Johannes in das Flugzeug setzte...