Flaches Land


Für den 27. September 2020 war ein paar Tage zuvor starker Wind und Regen vorhergesagt worden, aber schon am Tag davor zeichnete sich ab, dass diese Prognose nicht stimmen würde. Zwar war von der Sonne nichts zu sehen, von Regen und Wind aber ebenso wenig und so fuhr ich nach Wesel zum Flugplatz EDLX, um mit der Uli Rebell eine Runde zu fliegen.

An diesem Tag war in Wesel die Piste 08 offen, der Start ging also in östliche Richtung und führt, ähnlich wie in Hamm, mitten über die Stadt. Und mein kleines Flugzeug mit seinem kleinen 30PS Motor hat eben nicht die Steigwerte wie ein Flugzeug mit 100PS. Auch steige ich im Moment noch lieber mit gößerer Geschwindigkeit zu Lasten des Winkels.

Der Start war gut und ein schöner Flug begann.
Das Fliegen mit der Uli Rebell ist für mich noch neu, ich muss das Flugzeug erst noch richtig kennen lernen. Das Fliegen ist zwar sehr schön, die Uli Rebell ist genau mein Flugzeug, aber es ist auch anspruchsvoll und erfordert hohe Konzentration. Das Flugzeug wiegt leer 130 kg (120 kg erlaubtes Zulassungsgewicht und 10 kg für den Luxus des Anlassers, der Batterie, der Lichtmaschine, ...), vollgetankt und mit mir auf dem Pilotensitz kommt es auf 245 kg, es ist also ein absolutes Leichtgewicht. Und das merkt man beim Fliegen eben auch, man spürt jede Thermik und jede Windböe.

Das Fliegen der Uli Rebell geht mehr in Richtung unserer alten C22 als der C42, auf der ich letztens das Fliegen wieder aufgefrischt hatte. Und auf der C22 habe ich mich auch immer am wohlsten gefühlt.

Die Konsequenz der Kennenlernphase ist, dass ich, wenn ich überhaupt einen Photoapparat mitnehme, ihn anfangs erst ab einer Höhe von 500 Metern über Grund einsetzen möchte.
Nach meinem Start drehte ich als bald ab in nördliche Richtung, ich wollte wenigstens bis zum Ort Mehr fliegen. Ich ließ den Wesel-Diersfordter-Wald links neben mir liegen und flog zuerst in Richtung Hamminkeln. Dann drehte ich bei auf Kurs Ost-Nordost in Richtung auf den Ort Rees zu.

Beim Motorschirmfliegen hatte ich mir das Blindphotographieren schon angewöhnt. Man kann nicht Fliegen und dabei durch den Sucher einer Kamera gucken und Photos machen. Man kann aber den Apparat einfach in die richtige Richtung drehen und dann drauf drücken. Und dann am besten mehrfach drauf drücken, denn man sieht ja nicht, ob der Apparat schon fokussiert hat und man sieht nach dem Abdrücken keine Ergebnisse. Die Photoergebnisse waren sehr gut, am Abend hatte ich die große Qual, die Bilder für diesen Flugbericht auszusuchen und vor allem, die Bilder wieder auszusondern, die dann doch zuviel geworden wären. Sehr viele schöne Bilder hat dieser Flug gebracht.
Die Gegend um Wesel herum ist absolutes Flachland. Ganz anders als die Gegend um den Iserlohner Flugplatz Altena-Hegenscheid EDKD, der ja im beginnenden Sauerland liegt und auf dem ich früher mit der C22 geflogen bin. Dafür ist der Wind in Wesel auch viel laminarer und nicht so zerrissen und turbulent verwirbelt wie oben auf dem Berg. Und das flache Land hat auch seinen besonderen Reiz.

Mir macht das Fliegen in dieser Gegend viel Freude.
Die Uli Rebell ist, ich habe es oben schon geschrieben, genau mein Flugzeug. Es ist ein kleines, sehr gut aussehendes und offenes Flugzeug ohne all die unnötigen Sachen, die vom Wesentlichen nur ablenken würden. Und die Uli Rebell fliegt wunderbar.

Der Hersteller Roman Weller schreibt auf seiner Seite www.weller-flugzeugbau.de: „Das Flugverhalten kann als gutmütig beschrieben werden.“ Das ist ein Satz, den ich voll unterschreiben kann. Und weiter schreibt Roman Weller: „Wer auf der Suche ist nach einem gutmütigen Feierabend-Flieger und sich manchmal zurücksehnt in die unkomplizierte Fliegerwelt der 1930er-Jahre ist mit dem Rebell bestens beraten. Ganz ohne überflüssigen Schnickschnack“.

Die Uli Rebell (Roman verwendet den männlichen Genus) ist ein mit Liebe zum Detail gebautes Flugzeug, was ich immer wieder an verschiedenen Stellen entdecken kann. Im Bild zum Beispiel der Drahtbogen auf dem Tankdeckel, in dem ein weiterer Draht, aufgelötet auf einen Schwimmer, den Inhalt des Tanks anzeigt.

Der Tankanzeiger im Bild zeigt es, der Tank ist noch voll. Insgesamt bin ich mit dem geringen Benzinverbrauch sehr zufrieden.

Die Uli Rebell ist also ein kleines, offenes, gutmütiges, sparsames und gut aussehendes Flugzeug.
Die Gegend um Wesel ist nicht nur flach, sie erscheint auch als sehr wasserreich. Immer wieder sind kleine und mittlere Seen zu sehen. Einige scheinen Baggerseen zu sein, die in Betrieb sind.
Das beeindruckende Anwesen, das ich hier überflog, suchte ich am Abend erfolgreich im Netz. Es ist das Haus Aspel, ein Schloss im Reeser Stadtteil Haldern und Kloster der Töchter vom heiligen Kreuz. Es ist sehr spannend, was man im Netz zu Haus Aspel alles finden kann. Ich werde es demnächst sicher noch öfter mal überfliegen.

Auf meiner Kamera, einer kleinen Olympus Four-Third-Systemkamera, habe ich beim Fliegen ein lichtstarkes 20mm Objektiv aufgeschraubt, das einem 40mm Kleinbildobjektiv gleich kommt. Da sind dann zwar bei dunklerem Wetter auch noch gute Bilder möglich, für Landschaftsbilder aus meiner Flughöhe wäre aber ein Objektiv mit mehr als 50mm (Kleinbild) und die Möglichkeit des Benutzens des Suchers sicher besser. Das Bild von Haus Aspel ist also nur ein kleiner Ausschnitt aus einem viel größeren Photo.

Ich bin dennoch mit meinen Photos sehr zufrieden.
Auf dem kleinen See, dem „Rees Rheinarm“ an der Deichstraße in der Bildmitte sind zwei große Kähne zu erkennen und nach rechts raus ist die Zufahrt zum Rhein zu sehen. Oben links im Bild liegt das Reeser Meer.

Spätestens an dieser Stelle merkte ich an meinen Händen, wie kalt es in der Luft war. Ich hatte schon die dicke Winterjacke angezogen, aber an Handschuhe hatte ich nicht gedacht - ich trage ja auch noch keine Handschuhe auf dem langen Weg zur Arbeit, den ich jeden Tag mit dem Fahrrad fahre. Aber oben in der Luft ist es doch anders als am Boden. Handschuhe oder heißer Kaffee, eines von beiden wäre an dieser Stelle schön gewesen. Oder sogar beides?
Den Ort Rees wollte ich noch überfliegen, der hier vorne rechts im Bild zu sehen ist. In der Bildmitte ist die Rheinbrücke Rees-Kalkar zu sehen, über die die Bundesstraße 67 entlang geht.

Über Rees beschloss ich, dass es nun Zeit für den Rückflug sei.
Es ist eine schöne Gegend rund um den Flugplatz Wesel-Römerwardt und es ist ein schönes Flugzeug, die Uli Rebell. Und wenn das Photographieren der eigenen Füße aus dem Gleitschirm heraus wegen der Knieprobleme eben nicht mehr geht, dann kann ich doch nun wenigstens einen Reifen der Uli Rebell ab und zu auf einem Photo haben. Ein brauchbarer Ersatz!
Die Instrumentierung der Uli Rebell ist spartanisch und auf das Wesentliche reduziert. In meinem Flugzeug gibt es neben dem Kompass (oben im Bild) und der Libelle (Bildmitte) einen Höhenmesser in Metern, einen Geschwindigkeitsmesser und einen Drehzahlanzeiger. Das wichtigste Instrument, den Rosenkranz, musste ich nachträglich noch einbauen.

Im Moment dieses Photos fliege ich mit 3300 Umdrehungen eine Geschwindigkeit von 80 km/h auf einer Höhe von etwas über 500 Metern.

Ein schöner Flug war es. Nach meiner Landung wärmte ich mich etwas auf, zog den dicken Pullover an und startete zu einer weiteren Runde.
Johannes wollte mit auf den Flugplatz und verbrachte seine Zeit bei Sarah und den anderen Fliegern am Segelflugstartplatz. Sarah hatte an diesem Tag vier Flüge mit dem Segelflugzeug gemacht.

Ach, übrigens Johannes, vor dem Losfliegen macht man die Tür zu...