Seitenwind

Einer der häufigsten Sätze in meinen Flugberichten ist sicher: "Der Start war problemlos." Und ich schreibe diesen Satz sehr gerne!

Am 28. März 2008 konnte ich, nach einer Wartezeit von zweieinhalb Stunden, in der gerademal zwei Flieger starten konnten, auch endlich meinen Schirm am Startplatz auf dem Tegelberg auslegen. Aber über eine halbe Stunde musste ich warten, bis der stetige Südwind, also für mich der Rückenwind, endlich etwas nachließ und auf westliche Richtung wechselte. Mit etwas Besserem als diesem Seitenwind aus 90 Grad war nicht mehr zu rechnen, also rannte ich los, zog den Schirm über mich, bremste entgegen dem Wind etwas an und rannte, rannte und rannte, so schnell ich konnte.

Ich war von einer großen Wahrscheinlichkeit für einen Startabbruch ausgegangen, aber ich spürte, wie der Schirm über mir zu tragen anfing und mich beim Rennen mehr und mehr entlastete, bis ich flog. "Der Start war problemlos" - ich schreibe diesen Satz so gerne!
Nach über drei Stunden Wartezeit am Startplatz und davon etwas über einer halben Stunde, in der ich auf meinen eigenen Start wartend immer wieder auf den Windanzeiger schauen musste, waren die Füße kalt. Zwar hatte ich permanent versucht, die Schuhe und vor allem die Schuhspitzen in die Sonne zu drehen, aber drei Stunden stehend im Schnee lassen sich nicht verleugnen. Am unangenehmsten aber war der Blick auf den Windanzeiger, hinter dem direkt die Sonne stand. Erinnerungen an frühe Zeiten, als ich als 20-jähriger erfolgreich mit einem (!)Elektroschweißgerät den Auspuff meines damaligen himmelblauen Audi 80 TÜV-fertig machte und mir dabei schmerzhaft die Augen "verblitzte", wurden wach. Ich erinnere mich, wie ich die folgende Nacht mit auf den Augen liegenden Kartoffelscheiben verbrachte. Ich sah mich auch die kommende Nacht wegen der vielen Blicke in die Sonne wieder mit Kartoffelscheiben auf den Augen im Bett liegen.

Ich spürte den vom langen Stehen schmerzenden Rücken und wollte, bequem im Gurtzeug sitzend, meinen Flug nur noch genießen und Photos machen. Und genau das tat ich. Ich genoß meinen Flug, weitete ihn ohne große Anstrengung auf 20 Minuten aus und machte Photos. Dass ich bei jedem Photo viele Meter verlor, die ich nur schwer wieder einholen konnte, interessierte mich überhaupt nicht. Ich genoß nur noch den Augenblick.
Beim Überfliegen der Hütte des nebenstehenden Bildes kurz vor der Landung fragte ich mich, ob da wohl Alkohol im Spiel war. Aus der Luft jedenfalls reizte das dargebotene Motiv zum photographieren, ich konnte einfach nicht widerstehen...
Der letzte, eine halbe Stunde vor mir gestartete Flieger war Manfred, der inzwischen unten angekommen war und Landephotos von mir machte. Ich steuerte direkt auf ihn zu und landete nur wenige Meter vor ihm.

Da das Landen mit dem Gleitschirm selten problematisch ist und bei mir mit und ohne Motor (inzwischen) meist stehend erfolgt, schreibe ich den Satz "Die Landung war problemlos" doch nur sehr selten.

Ein schöner Flug war es, trotz kalter Füße und schmerzendem Rücken.
Auf der folgenden Wanderung über den Füssener Kalvarienberg, der eine Wanderung mit viel Zeit wert ist, entstand das nebenstehende Photo.