Heuernte
Meine Kindheit, mein Großwerden im Dorf und damit meine Bindung an Landwirtschaft und Viehhaltung ist lange her, ich
kann also heute nicht mal mehr sagen, ob es im Juni die erste oder schon die zweite Heuernte ist. Auch ob hier noch eine Chance für Silageproduktion besteht, kann ich nicht mehr sagen (wahrscheinlich nicht, ich glaube mich erinnern zu können, dass dann das Gras bald nach dem Schnitt eingefahren wurde).
Als ich am 14. Juni 2022 in der Luft die vielen Heuernten sah, kamen aber wieder Erinnerungen an meine Jugendzeit auf, als ich selber noch (natürlich ohne Führerschein) auf dem Trecker saß und das Heu einfuhr. Wir hatten damals das Gras mit einem Einachsschlepper mit Mähbalken mühsam geschnitten und dann ein paar Tage mit Heugabeln immer wieder gewendet. Und wenn es dann trocken war, wurde es auf Holzpaletten zu Heustad(e)ln geschichtet und zum Abschluß kam eine Folie drüber. Es war Knochenarbeit und dennoch habe ich schöne Erinnerungen daran.
Als ich an diesem Dienstagabend kurz vor 19 Uhr startete, hatte ich mit schlimmster Thermik gerechnet. Die Startbahn, ich hatte vorher gefühlt, war noch richtig heiß, die Sonne brannte noch recht ordentlich und - ich war dabei und sah es - ein landendes, leichtes Flugzeug wurde kurz vor dem Berühren des Erdbodens über der Bahn mindestens fünf Meter in die Höhe gerissen, schleuderte, sackte ab und berührte kurz vor Ende der Bahn mit dem Höhenleitwerk den Boden (es startete durch, in dieser Situation die einzige sinnvolle Handlungsmöglichkeit und konnte nach einer weiteren Platzrunde gut landen. Ich ging hin: Es war nichts passiert: Pilotenfehler).
Und wahrlich, nach meinem Start musste ich über der Bahn ordentlich mit dem Steuerknüppel rühren und mit den Füßen das Seitenruder maltretieren, um das Flugzeug sicher in die Luft zu bekommen und dort zu halten.
Oben wurde es dann aber schnell unerwartet ruhig.
Am nächsten Tag, am 15. Juni ist der Gedenktag des hl. Vitus. Und in Olfen wurde sicher schon
am Vorabend dieses Heiligen gedacht und das Patrozinium, das Patronatsfest gefeiert. Den Flug zur St.-Vitus-Kirche nach Olfen hatte ich also
schon geplant.
Nahe Olfen ist die „Alte Kanalbrücke“ über der „Alte Fahrt“, die diesen alten Kanal über die Lippe führt. Wie der Weg hinter der Brücke über den Kanal zeigt: Hier fahren schon lange keine Lastkähne mehr.
Meinen Flug setzte ich vorerst in nördliche Richtung fort. Dann änderte ich den Kurs über dem Dortmund-Ems-Kanal zwischen Hiddingsel und Senden in westnordwestliche Richtung und erreichte das Internat Schloss Buldern.
In Buldern steht die St.-Pankratius-Kirche. An diesem Tag wollte ich den Ort aber nicht überfliegen. Über grünen Flächen war von Thermik nicht mehr viel zu spüren, über bebauten und damit die Wärme besser haltenden Gebieten war die Thermik aber noch überdeutlich, wie ich immer wieder feststellen konnte.
Mit ihren 120 kg Leergewicht ist die Uli Rebell eben ein total leichtes Flugzeug, was extrem auf kleine Luftbewegungen reagiert.
Heuernte konnte ich auf meinem Flug immer wieder beobachten. Und manchmal war es mir, als hätte ich den Geruch des trocknenden Grases noch in der Nase.
Bis Rorup flog ich, um noch die St.-Agatha-Kirche photographieren zu können. Auf einer Flughöhe von etwa 500 Metern über Grund war es recht ruhig in der Luft. Ich hatte nicht mit
einem so ruhigen Flug gerechnet.
Und immer wieder überflog ich Felder, auf denen das Gras getrocknet und in Bahnen zusammengeführt war, um dann im nächsten Schritt zu Ballen gepresst zu werden. Und immer wieder kamen mir Erinnerungen an meine Kindheit und Jugendzeit hoch - schöne Erinnerungen.
Was bei der Heuernte heute von Maschinen erledigt wird, haben wir früher
in Handarbeit gemacht. Meine Mutter brachte mir damals, ich war ungefähr
zehn Jahre alt, noch das Mähen mit einer Sense bei. Für die Sense war
ich damals eindeutig zu jung und zu klein. So richtig guter Freund wurde ich
eher mit der Sichel, mit der man nur kniend das Gras schneiden kann. Natürlich wurden mit der Sense nur „Tagesportionen“ geerntet. Größere Grasschnitte machten wir eben mit dem 1,20 Meter breiten Mähbalken am Einachsschlepper, eine absolut schweißtreibende Arbeit. In meiner Erinnerung waren der Balkenmäher und ich damals recht gute Freunde...
Erinnerungen an den Mähbalken habe ich auch noch, besonders an seine
Pflege. Die Schermesser mussten immer wieder geschliffen und die
Messerabstände penibelst eingestellt werden, sonst verklemmte sich das frische Gras darin, blockierte den Balken und ein Mähen war unmöglich. Mähbalken schleifen und einstellen konnte ich damals gut.
Über dem südlichen Dülmen überflog ich einige Baustellen.
Da sollen kleine Einfamilienhäuser entstehen, da sollen Träume und
Hoffnungen wahr werden. Da treibt die Inflation und eine verantwortungslose
Wirtschafts- und Geldpolitik der letzten Jahre, eine Zeit in der einfach nur
Geld gedruckt wurde, wahrscheinlich gerade viele Menschen in den Ruin -
darf man das als verbrecherisch titulieren?! Und im Moment wird diese
Geldentwertung durch ein Gießkannenprinzip (zum Beispiel das
9-Euro-Ticket und eine
hinterfragenswerte Benzinpreispolitik, die den Öl-Konzernen die Taschen füllt)
forciert. Einen unglaublichen Schuldenberg hinterlassen wir den Kindern und treiben sie damit in die Handlungsunfähigkeit? Ist das denn nicht
verbrecherisch?
Ich weiß es selber zu genau, wie es ist, wenn man dann Familie hat und sich zum Erwerb eines Eigenheimes entschließt. Manchmal durchlebte man da früher schon schlaflose Nächte, heute kann ich mir vorstellen, welche Ängste nun dazu kommen. Und das nur, weil Reiche noch reicher werden und Macht über Menschen haben wollen. Und dabei jeden Weg gehen...
Nordöstlich von
Osterkamp Maschinenbau
an der
Borkenbergestraße steht ein
Straßenkreuz
(hier links im Bild und kaum zu finden), ein Kruzifix (lat: cruci fixus: am
Kreuz befestigt, ans Kreuz genagelt). Als Diakon der katholischen Kirche bin
ich zum Stundengebet verpflichtet, was ich gerne mache. Und schon öfter
habe ich das Abendgebet, das Vespergebet, an diesem Kreuz verrichtet. Danke,
liebe Osterkampler, dass ihr dieses Kreuz und die Fläche darum so liebevoll pflegt!
Nach fast einer Stunde landete ich wieder auf dem Flugplatz EDLB Borkenberge.
Bei der Landung konnte ich die aufgewärmte Bahn immer noch gut
spüren, die Landung war nicht einfach. Aber: Ein schöner Flug war
es mal wieder.
Wer erklärt den Jungs von Pott's (Bastian Sick hätte sicher seine helle Freude an diesem Bier und dem Genitiv-Apostroph, dem Affenstrich) nun endlich mal, wie man Landebier richtig schreibt?
Aber lecker ist es, das Pottsche Land(e)bier!
Ich versuche mehr und mehr von Google und anderen Großunternehmen loszukommen. Die Kartenansicht wird mir nun durch openstreetmap zur Verfügung gestellt. Nur Satellietenbilder habe ich da noch nicht gefunden...
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