Der Flug über das Ruhrgebiet
Am Freitag, dem 1. August 2003, vollendete der letzte aus der Gruppe unserer
C22-Haltergemeinschaft seine Einweisung und mir war es vergönnt, das
Flugzeug vom Flugplatz Dinslaken (EDLD) nach Hegenscheid (EDLK) zu fliegen.
Schon sehr lange freute ich mich auf einen Flug über das Ruhrgebiet und
genauso lange war ich auf diesen Flug vorbereitet, hatte die Route geplant und
die einzelnen Auffanglinien und Kursänderungspunkte genau im Kopf!
Schon direkt nach dem Start musste ich umdisponieren, ein entgegenkommendes
Flugzeug hielt mich viel zu lange auf westlichem Kurs. Dann drehte ich
ab Richtung Süden, das
nächste Zwischenziel und der Ort für eine Kurskorrektur um ca. 15
Grad sollte der Oberhausener Gasometer sein.
Seit dem frühen Nachmittag, seit ich von Andreas Grünes Licht
für den Rückflug erhalten hatte, war ich etwas aufgeregt. Am
Flugplatz beim Überprüfen des Flugzeuges wurde das dann noch etwas
schlimmer. Aber ich merkte bald, dass es wohl ein guter Flug werden
würde.
Nur ein paar hundert Meter hinter dem Gasometer liegt das neue Oberhausener
Einkaufszentrum, das "Centro".
Als nächsten Punkt für eine Kurskorrektur hatte ich den Essener
Baldeneysee ausgewählt, doch bis dahin war es noch ein weiter Weg. Ich
wusste, dass es zwischen Essen und Mülheim einige größere
Wiesen gibt, natürlich passte sich der Kurs der Lage dieser Wiesen an.
Irgendwann jedoch war es mit den Wiesen zu Ende, wie hier beim
Überfliegen der A40. Unten rechts das Mülheimer Rhein-Ruhr-Zentrum
und oben links die Silhouette der Essener Innenstadt.
Aus westnordwestlicher Richtung liegt kurz vor dem Baldeneysee die Villa
Hügel, die der Industriellenfamilie Krupp von 1873 bis 1945 als Wohn- und
Repräsentationsort für die Firma diente.
Etwa auf der Höhe des Stauwerkes bei Essen Werden flog ich über den
Baldeneysee. Je nachdem, ob ich nun noch auf einen Abstecher über Bochum
verzichten würde, hätte ich das Schlimmste schon hinter mir. Aber
das Treffen dieser Entscheidung hatte ich mir für später vorgenommen.
Das Photographieren aus einem Flugzeug heraus, das ich selber steuere,
ist für mich noch etwas absolut neues und wahrlich
nicht einfach: Ich habe noch totale Schwierigkeiten, beim
Betätigen des Photoapparates den Kurs zu halten. Aber anfänglich war
das ja auch mit dem Schirm nicht leicht.
Auf dem Photo hinter dem Baldeneysee der Essener Ortsteil Heisingen, hier
hatte Astrid früher gewohnt.
Über ausgedehnte Wiesen und damit potentielle Notlandeflächen flog
ich am Ufer des Baldeneysees weiter. Hier überfliege ich gerade den
Hof, auf dem
Pico und Hedin stehen. Inzwischen sind wir auch ganz sicher,
Hedin im Bild unten rechts ausgemacht zu haben.
Bei Essen Steele war es dann zum ersten Mal auch richtig unangenehm in der
Luft, ansonsten war es ein sehr ruhiger und schöner Flug.
Wie oft war ich schon mit dem Fahrrad und mit den Rollschuhen an der alten
Vogelsang Fabrik vorbei gefahren, an diesem Tag überflog ich sie sogar
mit einem Flugzeug!
Die Schwimmbrücke bei Bochum Dahlhausen kann als Grenze zwischen Bochum,
Essen und Hattingen angesehen werden. Letztes Jahr noch paddelten Astrid und
ich ab dieser Brücke mit dem alten Schlauchboot meines Vaters ein
Stück die Ruhr hoch, um an einer ruhigen Stelle zu schwimmen.
Genug der Ruhr, ich hatte mir eine Kursänderung ab dieser Stelle
vorbehalten
und entschloss mich, diese Änderung durchzuführen. Die Bochumer
Innenstadt sollte als nächster Punkt angeflogen werden.
Die Notlandemöglichkeiten über dem Zentrum Bochums sind ebenso
bescheiden wie über Essen. Mit etwas mehr Höhe als zuvor
flog ich über die Innenstadt.
Das gesamte Ruhrgebiet ist kontrollierter Luftraum, Bochum stellt die Grenze
zwischen 2500 und 3500 Fuß erlaubter Flughöhe dar.
Im Bild unten links das Bochumer Schauspielhaus, links daneben die von H.G.
besungene Königsallee. Die Königsallee setzt sich, in der Bildmitte
unterbrochen durch eine Bahnlinie, im oberen Bildteil als Viktoriastraße
fort. Ganz oben im linken Bildteil der Förderturm des Bergbaumuseums und
in der oberen rechten Ecke der Bismarckturm im Stadtpark.
Zwischen dem Stadtpark und dem Ruhrstadion ist das gebogene und
"L"-förmige Haus, in dem wir wohnen.
Seit ein paar Monaten hinzugekommen ist das Gebäude des Ruhr-Congresses.
Der alte und recht beliebte Rollschuhplatz musste einem Hotel weichen.
Über die Ruhr-Universität ging der Flug Richtung Hegenscheid weiter.
Am Kemnader See war ich wieder auf der geplanten Route, ob mit Umweg über
die Bochumer Innenstadt oder nicht, der Rollschuh-See sollte ein weiterer Punkt
für eine Kurskorrektur sein. Von hier sollte es
mit 150 Grad bis südlich von Hagen weiter gehen.
Das langgezogene Hagen unter der linken Tragfläche. Die Gegend zwischen
Witten (kurz hinter Bochum) und Hagen war für mich unbekanntes Land.
Ab Hagen konnte ich mich sehr gut an den Autobahnen A1, A45 und A46
orientieren.
Fast den ganzen Flug über war ich zwischen 2000 und 2500 Fuß mit
einer Geschwindigkeit von um die 90 km/h geflogen.
Die A45 und ganz links im Hintergrund das Kraftwerk Werdohl. Jetzt konnte
nichts mehr passieren, hier war ich auch schon mit dem Schirm
gewesen.
Das rote Klebeband hat uns Elmar, unser Fluglehrer, auf die Scheibe geklebt.
Es hilft einem Anfänger ungemein beim Halten des Kurses und beim
Landen; das anzufliegende Ziel muss mit dem Klebeband in einer Flucht sein.
Geschafft, nach einer Stunde und zwölf Minuten Flug und einer geflogenen
Strecke von 113,1 km konnte ich auf dem Flugplatz Hegenscheid landen. Es war
eine gute Landung. Wäre ich nicht so fertig gewesen, hätte ich
gleich noch eine kleine Platzrunde drehen können. Aber: Ich weiss jetzt,
wie sich Charles Lindbergh gefühlt haben muss!
Die Strecke war sehr gut gewählt, ein Traum von mir ist in Erfüllung
gegangen: der Flug über das Ruhrgebiet.
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Ulrich Franzke <sinus@ulrich-franzke.de>
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